Dieser Abend wurde für mich zu einem ganz besonderen und persönlichen Erlebnis: Einerseits war es faszinierend “meinen Superstar” in diesem Rahmen zu erleben – ich hatte mich bereits seit dem 27.01.2005 als ich von dem Konzert erfuhr sehr darauf gefreut.
Und zum anderen berührte mich die Musik von Neal Morse in einer besonderen Phase meines Lebens: Mein Schwager verstarb völlig unerwartet 19-jährig nur wenige Tage vor dem Konzert.
An dieser Stelle zunächst ein ganz herzliches Dankeschön an Pastor Arnd Schomerus und Kirchenmusiker Kai Schnabel von der
Maria Magdalena-Kriche in Hamburg, sowie an alle Beteiligten insbesondere auch von der niederländische Crew, die dieses besondere Konzert ermöglicht haben.
Der Eintritt war frei – es wurde lediglich um eine Reisenkostenerstattung auf freiwilliger Basis gebeten – und dennoch war der Andrang nicht so gross wie ich es erwaret hatte. Scheinbar können doch nur wenige Fans aus alten Spock’s Beard- und Transatlantic-Zeiten etwas mit der “neuen” Message anfangen. Als es jedoch mit etwas Verspätung endlich losging waren aber doch alle Plätze die die modener aber sehr schöne Kirche zu bieten hatte gefüllt. Neben uns hatte sich übrigens ein junges Paar aus den Niederlangen eingefunden, die die Show schon drei mal gesehen hatten. Die netten “Groupies” und ich hatten die gleiche Idee: Wir nahmen alles auf MiniDV auf und sie waren sogar so nett mir mit einem 60 Min. Tape auszuhelfen – ich hatte nur mit 60 Min. aufnehmenswerter Musik gerechnent und mich damit hoffnungslos verschätzt (Neal Morse erlaubt ausdrücklich dass Aufnahmen von Bildern und Video gemacht werden dürfen solange dies für den privaten Gebrauch geschiet und keine Blitzlichter eingesetzt werden).

Das Publikum war zum größten Teil aus Kennern besetzt, die wohl überwiegend genau so gespannt waren wie ich, was uns erwarten würde. Ich vermute aber, dass viele ähnlich wie meine Frau Tanja mit den “Anwandelungen des Wanderpredigers” Neal Morse nicht sonderlich viel anfangen konnten. So lauschten wir also gebannt den Erzählungen des Neal Morse, der nun an einem kalten und sehr stürmischen Februar Abend von Gott geführt zu uns nach Europa in diese Kirche gekommen war um mit uns zu beten und zu musizieren…

Wir hörten von Neals Erinnerungen an Hamburg als er sich in der Reperbahn mit Gigs über Wasser gehalten hatte, die ihm sein in Deutschland lebender Bruder verschafft hatte und wie er “very sick” nicht nur am Boden eines Hamburger Motel lag. Später, so erzählt er weiter wollte er es unbedingt zu etwas im Musikgeschäft bringen – kein Wunder also warum diese Mann so produktiv war. Der Erfolg hatte sich längst eingestellt – im Gewissen Sinne hatte er also erreicht, wonach er gestrebt hatte, aber Neal fühlt sich leer. Neal versucht dann in diesem knappen Rahmen zu vermitteln, was dann begann. Wer sich dafür Interessiert möge am besten in das Doppelalbum “Testimony” hören, denn es erzählt genau diese Geschichte und ich kann das mit Worten hier überhaupt nicht wiedergeben – man muss es einfach in Musik gehört haben.


Ich muss dazu vielleicht mal sagen, dass ich mich selbst als schwachen Agnostiker definieren würde und für mich den Pantheismus, der das Universum selbst als göttlich ansieht, akzeptiere kann. Von diesem “suchenden” Standpunkt aus habe ich also grosses Interesse an der Message von Neal Morse’s “Testimony” und “One”, zumal mich seine Musik schon immer ganz besonders direkt angesprochen hat. Die nicht alltägliche Geschichte hinter Neal Morse trägt wahrscheinlich zusäztlich dazu bei, dass ich – wie vielleicht auch einige andere – neugierig wurde. Und mag ich vielleicht zuerst auch noch den Rummel um den Weggang von Spock’s Beard (“Gott trennt die Bärte”) und Transatlantic als einen Marketing-Schachzug geargwohnt haben, so ist mir an diesen Abend zumindest eines ganz deutlich klar geworden: Diese Mann glaubt und wie gross ist doch meine Sehnsucht es auch zu können. Aber das ist natürlich nicht so leicht – ich kann keinen Schalter finden den ich einfach umlegen könnte. Neal hat seine ganz eigenen Antworten bekommen und er hat seine Wahrheit – seinen Glauben – gefunden – aber dieses funktioniert so nur für Neal und nicht für mich. Ich kann das nicht einfach so übernehmen. Und so bleibe ich in diesem Punkt einfach nur sehr berührt von von seiner unglaublich bewegenenden und wunderschönen Musik die so viel zu erhzählen hat.
Die Setlist enthielt viele Song (Land Of Beginning, Wind at My Back, Bridge Across Forever) einer Compilation-CD die ich mir kurz zuvor aufgrund des Unfall-Todes meines 19-Jährigen Schwagers zusammengestellt hatte. Dies trug natürlich auch wesentlich dazu bei, dass ich diesen Abend als einen ganz besonderen und sehr persönlichend Abend erleben durfte.

Mein tiefster Dank gilt Neal Morse und seiner Familie die auf dieser so besonderen und imtimen Tour durch die Niederlande und Deutschland mitgereist war und seinen Kindern Will und Jada die einige Stück sehr emotional mitgesungen haben für diesen unvergesslichen Abend.

Eine Bilderserie vom Konzert in Berlin am 13.02. habe ich hier gefunden.
Mehr über Neal Morse gibt es auf der Inside Out Site zu lesen.
Neal’s Hompage hat einen Forums-Thread über die Konzerte in Hamburg und Berlin.
Einen Review über Testimony gibt es hier zu lesen.

Ich habe mich angeregt durch Neal Morse Werke, seinem Weggang von den Bärten & Transatlantic und seiner “Wandlung zum Christen” und natürlich ganz besonders dann durch den plötzlichen Unfall-Tod meines Schwagers ende Januar 2005 mehr mit den Themen Glaube und Religionen befasst. Dabei erscheint mir folgendes Zitat wie ein Schlüssel zum Verständnis mit dem ich diesen Artikel beenden möchte:
…Glauben heißt angeblich nicht wissen,…doch Wissen ist auch nicht mehr, als das zu glauben, was jemand weiß….
Auch wer sich tief auf den Zweifel eingelassen und vielleicht sogar die Verzweiflung erfahren hat, findet sich schließlich, wenn er weiterlebt, derselben Welt gegenüber, die ihm als natürlichem Menschen gegeben war. Er wird nun an vielen Stellen Vorsicht und relativen Zweifel gelernt haben, vielleicht ist ihm der schwebende Charakter aller Erkenntnis deutlich geworden, die Möglichkeit, alles anzuzweifeln. Aber indem er lebt, läßt er die Welt gelten. … Man kann dies kaum deutlicher sagen als Faust in dem Augenblick, in dem er aus der Verzweiflung zurückkehrt: “Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder.” Die Träne ist das Wirkliche, das er schlicht gelten läßt, und mit ihr die Welt, denn weinen heißt leben.
Wer überhaupt aus der wirklichen Verzweiflung zurückkehrt, wird dabei wohl immer eine Erfahrung des Bereichs gemacht haben, den man den religiösen nennt. Die Möglichkeit des Weiterlebens wird für ihn meist mit dieser Erfahrung zusammenhängen. Sein weiteres Leben wird also ein Verhalten sein, das mit der Wirklichkeit, die sich ihm in dieser Erfahrung gezeigt hat, in der Weise des Glaubens rechnet, auch wenn diese Wirklichkeit sich nicht oder nicht mehr unmittelbar zeigt. Der religiöse Glaube, wo er echt ist, ist also in besonderer Weise nicht ein bloßes Fürwahrhalten, sondern eine Art des Lebens. Es ist aber nicht ein bloßes Geltenlassen eines sich ohnehin Zeigenden, sondern ein aktives ständiges Ansprechen oder Anrufen eines sich nicht ohne weiteres Zeigenden.
Carl Friedrich von Weizsäcker, Zeit und Wissen